Hunde lieben Spielzeuge. Oder lieben wir Hundespielzeuge? Wir könnten uns nun in soziologische Abgründe stürzen und lang und breit Sinn und Unsinn von Hundespielzeug an sich erörtern. Wir könnten bei der Entwicklung unserer Beziehung zum Vierbeiner und unseres Zusammenlebens mit ihm in den vergangenen dreißigtausend Jahren anfangen, uns an der Vermenschlichung des modernen Hundes entlanghangeln und schließlich bei der Macht des Marktes landen.
Wir können es aber auch genauso gut sein lassen und den Status Quo als Ausgangspunkt für etwas nehmen, worüber wir sprechen sollten.
Fakt ist: es ist da und oft auch sinnvoll. Hundespielzeug. Ob es um gezielte Auslastung geht, ein probates Hilfsmittel für Übersprungshandlungen oder einfach um pures Vergnügen. Der happy Labbi mit seinem geliebten Bällchen, der Chihuahua, dem in Sachen Knobeln und Leckerli finden keiner etwas vormacht, der Rottweiler, der jeden Abend mit dem abgeliebten Teddy im Fang seine Runde um den Block antritt – für jeden einzelnen von ihnen hat das Spielzeug einen Sinn, und das ist völlig in Ordnung.
Die Frage ist: was geben wir unseren Hunden da?
Der Markt quillt über, aber die Nachfrage hält tapfer Schritt.
Vorneweg: glücklicherweise haben die meisten Hersteller mittlerweile auf größtenteils unbedenkliche Materialien umgestellt. Dennoch lohnt es sich, genau hinzuschauen. Denn nach wie vor wird Jahr für Jahr millionenfach Hundespielzeug gekauft, verschenkt, bespielt, zerstört, entsorgt. Und da es ohnehin nicht lange halten wird, kaufen viele im Zweifelsfall doch eher preisbewusst.
Mit oder ohne Quietschi, aus Gummi, Plüsch oder Nylon – bunt soll es sein, so robust es eben geht, und nach Spaß aussehen.
Aber Obacht! „Günstig“ heißt nicht automatisch „schlecht“. Und leider ist „teuer“ nicht gleichbedeutend mit „hochwertig“. Letztendlich sagt der Preis nichts darüber aus, wie schädlich oder unbedenklich ein Hundespielzeug ist.
Große Markennamen versprechen vermeintlich Qualität. „Wenn’s jeder hat, kann es ja nicht schlecht sein?“ – Doch. Kann es. Und Dein Hund kaut darauf herum.
Ganz konkret: welche Schadstoffe stecken in Hundespielzeug?
Sprechen wir zunächst über Phthalate. Das sind synthetische Weichmacher, die in der Kunststoffindustrie dazu verwendet werden, ein Material weicher, elastischer und haltbarer zu machen. Sie sind preisgünstig, leicht, transparent, äußerst formstabil und gut zu färben, letztendlich eine Art Lösungsmittel. Und in der EU noch immer nicht verboten.
Die Wirkung auf den (menschlichen) Organismus: Störung des Hormonhaushalts bis hin zur Unfruchtbarkeit, sie sind entwicklungshemmend, ursächlich für Verhaltensstörungen, Herz-Kreislauf- und Leberkrankheiten und Diabetes.
Vor einigen Jahren haben wir etwas über BPA in Babyfläschchen und Wasserflaschen gehört. Wir waren empört! BPA ist böse. Wir achten darauf, keins zu kaufen. Ja schön, aber leider heißt „BPA-frei“ noch nicht zwingend „gut“ oder auch nur „annähernd ok“!
Denn BPA ist nur eines von vielen möglichen Phthalaten. Verwandte und noch nicht verbotene Alternativen wie DEHP, DINP oder DIDP sind nicht zwingend besser. Oft fehlt es lediglich an Studien zu deren gesundheitlichen Auswirkungen, mit denen sich ein Verbot durchsetzen ließe.
Laut BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) wurden in Stichproben, die 2022 an Kinderspielzeugen durchgeführt wurden, in mehr als der Hälfte der Fälle Überschreitungen der EU-Grenzwerte für Weichmacher festgestellt.
Zu Hundespielzeug ist diesbezüglich zumindest in unabhängigen Quellen nichts zu finden. Man braucht aber nicht viel Fantasie, um darauf zu kommen, dass es hier bestimmt nicht besser aussieht.
Dabei ist es besonders problematisch, weil Hunde nun einmal nur ihr Maul haben, um ein Spielzeug aufzunehmen. Hier kommt es unmittelbar mit den Schleimhäuten in Kontakt, über die die Giftstoffe nahezu ungehindert ihren Weg in den Organismus finden.
Schwermetalle sind nach wie vor in vielen besonders bunten und leuchtenden Farben enthalten. Kadmium – gern in Rot, Gelb, Orange, Neonfarben verwendet – ist krebserregend und kann das Erbgut schädigen.
Die langanhaltend gesundheitsschädliche Wirkung von Blei ist weithin bekannt. Und dennoch findet es sich in Spuren in Kauspielzeugen bekannter Hersteller.
PVC kann das alles auch. Ein von sich aus bereits höchst krebserregendes und eigentlich trockenes, sprödes Material, das – der aufmerksame Leser denkt es sich schon – zusätzlich mit Weichmachern versetzt und schön soft und elastisch gemacht wird. Man sollte eigentlich nicht glauben, dass daraus nach allem, was man heute weiß, noch Spielzeug hergestellt wird.
PAK – polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Eine ganze Gruppe von umweltschädlichen/ umweltgefährlichen Schadstoffen, die bei unvollständigen Verbrennungsprozessen entstehen. Zu dieser Gruppe gehören auch Phenanthren und Naphthalin, das unter dem Verdacht steht, Krebs zu erregen. Beides konnte in Marken-Hundespielzeug nachgewiesen werden (Ökotest Januar 2024).
„Hilfe! – Und jetzt?“
Kurzfristig: austauschen! Jeder Tag weniger, den Dein Hund auf Gift herumkaut, verringert die Gefahr, dass er deswegen irgendwann schwer erkrankt.
Glücklicherweise machen wir uns immer mehr bewusst, womit wir uns selbst, unsere Kinder und Hunde im Alltag umgeben. Darauf reagieren auch mehr und mehr Hersteller, die nun Futterdummies aus Naturkautschuk in ungiftigen Farben, Plüschtiere aus Bio-Baumwolle, Zerrspielzeuge aus ungebleichtem Naturhanf, Bälle aus Wollfilz und noch so viel mehr anbieten.
Mit den alten Spielzeugen können wir leider überhaupt nichts anderes tun als sie zu entsorgen – aber bitte ins Recycling! Denn die Giftstoffe belasten nicht nur die Gesundheit unserer Vierbeiner, sondern auch die Umwelt für viele Jahre.
Und langfristig hilft eigentlich nur ein radikales Umdenken.
Wir – die Verbraucher – müssen konsequent Abstand nehmen von diesen Dingen. Wir können damit nicht auf die Politik und längst fällige Verbote warten. Auch der Markt wird sich nicht von allein verändern.
Es liegt an uns.
Astrid zu Castell
Astrid zu Castell ist Gründerin des Marktplatzes iinu.
Als Produktdesignerin, ausgesprochener Hundemensch und, wie sie selbst sagt, latenter Öko hat sie es sich zur Aufgabe gemacht,
auf ihrer Plattform kleine Manufakturen und größere Hersteller zu versammeln, die ihre Ansprüche an Funktionalität, Ästhetik und Nachhaltigkeit teilen.
Die Mission: „Nur Gutes. Nur für Hunde."